Hakenkreuz auf Stimmzettel im Stuttgarter Landtag geschmiert
Veröffentlicht: Donnerstag, 24.07.2025 22:11

Parlamentseklat
Stuttgart (dpa) - Im Landtag von Baden-Württemberg ist bei einer geheimen Abstimmung ein Stimmzettel mit einem Hakenkreuz beschmiert worden. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bestätigte den Vorgang im Plenarsaal und drückte ihre Empörung aus. Die Fraktionen im Landtag reagierten entsetzt. Die AfD-Fraktion wies zurück, etwas mit dem Vorfall zu tun zu haben.
«Es widert mich nur an», sagte Aras. Die Verwendung verfassungsfeindlicher Zeichen sei eine Straftat. Es sei bedauerlicherweise nicht möglich, die Tat einer Person zuzuordnen. «Das ist unterirdisch», sagte Aras. Und: «Das ist eine Schande für dieses Parlament.»
AfD-Abgeordneter: Haben nichts damit zu tun
Die AfD wollte zuvor bei der geheimen Wahl, zu der der Stimmzettel gehörte, Vertreter in den sogenannten Oberrheinrat wählen lassen - scheiterte aber ein weiteres Mal. Das deutsch-französisch-schweizerische Gremium setzt sich zusammen aus Vertretern der Teilregionen Elsass, Nord- und Südbaden, Südpfalz und Nordwestschweiz.
Für die geheime Abstimmung waren zwei Urnen an zwei Ausgängen des Plenarsaals platziert worden - am einen Ende sitzen die Abgeordneten von AfD, CDU und FDP und am anderen Ende die der Grünen und der SPD. Die Parlamentarier gehen dann für gewöhnlich zur Abstimmung in ihre jeweilige Ecke. Sie werden dort bei Abgabe des Stimmzettels namentlich von Schriftführern registriert.
Nach dpa-Informationen soll der Stimmzettel mit dem Hakenkreuz auf der Seite von SPD und Grünen abgegeben worden sein. Die Landtagsverwaltung betonte, dass sie keine Angaben machen könne, in welcher Urne der Stimmzettel lag. Das sei Gegenstand von Ermittlungen.
Es sei schwierig, den Stimmzettel zuzuordnen, sagte eine Sprecherin. Man werde alle Fakten prüfen. Dass der Stimmzettel von einem Unbeteiligten, also keinem Abgeordneten, eingeworfen worden sei, sei aber unwahrscheinlich. Es würden nur Abgeordnete abstimmen, sagte die Landtagssprecherin.
AfD-Abgeordneter stellt Strafanzeige
Das Hakenkreuz war das offizielle Zeichen des Nationalsozialismus, 1935 wurde es zum Symbol des NS-Staats. Das Verwenden und Zeigen des Hakenkreuzes ist strafbar. Das Strafgesetzbuch sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor.
Den Stimmzettel mit dem verfassungsfeindlichen Symbol wollte die Landtagsverwaltung nicht der Öffentlichkeit zeigen. Er sei bereits den Behörden übergeben worden, hieß es aus der Landtagsverwaltung am Abend.
Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, soll das Hakenkreuz in das Ja-Kästchen neben dem Namen des AfD-Kandidaten Bernhard Eisenhut eingetragen worden sein, der für den Oberrheinrat kandidierte. Eisenhut erstattete laut AfD-Fraktion Strafanzeige gegen Unbekannt wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Beleidigung, Nötigung, übler Nachrede und Einschüchterung von Mandatsträgern.
Der AfD-Abgeordnete Miguel Klauß sagte, man weise entschieden zurück, dass die AfD etwas mit dem Wahlzettel zu tun habe. Aras habe in Richtung der AfD gesprochen und damit offenbar zeigen wollen, dass der Stimmzettel von der AfD gekommen sei, sagte Klauß.
Ewiges Gezänk um Gremien
Noch zuvor war die AfD im Landtag mit dem 14. Versuch gescheitert, Vertreter ins Kuratorium der baden-württembergischen Landeszentrale für politische Bildung wählen zu lassen. Der AfD-Abgeordnete Klauß forderte nach der Pleite eine Wiederholung der Wahl, die Landtagsvizepräsident Wolfgang Reinhart (CDU) allerdings ablehnte. Die AfD sei gewählt vom Volk, trotzdem würden den Abgeordneten der Partei Sitze verweigert, Ämter aberkannt, sie würden gezielt aus Gremien ausgeschlossen, kritisierte Klauß. Die anderen Fraktionen wollten die Stimmen von Millionen Bürger zum Schweigen bringen.
Die Wahlen beider Gremien sind Dauerstreitigkeiten im Landtag. Immer wieder stellt die AfD Kandidaten auf, immer wieder lehnen die anderen Fraktionen sie ab. Die Wahl zum Kuratorium fand am Donnerstag als offene Abstimmung statt. Die Wahl zum Oberrheinrat lief dann auf Antrag der AfD geheim ab.
Politische Bildung und Rheinrat
Die Landeszentrale für politische Bildung ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und beim Landtag angesiedelt. Im Kuratorium soll ihre Überparteilichkeit sichergestellt werden. Das Gremium tagt mehrfach im Jahr und besteht aus zwei Dutzend Mitgliedern, mehrheitlich aus dem Landtag. Die Fraktionen sind entsprechend ihrer Stärke im Kuratorium vertreten. Demnach stünden der AfD-Fraktion zwei Sitze zu. Die AfD-Fraktion hatte bereits vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes gegen die wiederholte Ablehnung ihrer Kandidaten geklagt - allerdings ohne Erfolg.
Der Oberrheinrat ist nach eigenen Angaben ein trinationales Parlament für die Oberrheinregion. In dem Gremium sitzen Vertreter aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Der Rat tagt zweimal pro Jahr und erarbeitet Resolutionen zu grenzüberschreitenden Themen.