Flutkatastrophe: Stellungnahme der Stadt im Wortlaut

Rund sechs Wochen nach der verheerenden Flutkatastrophe in Erftstadt und dem Rhein-Erft-Kreis hat die Stadt Stellung zu den Vorfällen und Vorwürfen bezogen. In einer Sondersitzung des Stadtrates am 24.08.21 bezieht Bürgermeisterin Carloin Weitzel Stellung.

© Radio Erft

Rede Bürgermeisterin Carolin Weitzel Ratssitzung 24.08.2021

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren des Rates, sehr geehrte Zuhörende, liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Erftstadt, vor sechs Wochen hat uns die Hochwasserkatastrophe heimgesucht und die Wassermassen haben erbarmungslos alles zerstört, was sich ihnen in den Weg stellte. Es ist Zeit, innezuhalten, ein Zwischenfazit zu ziehen und nach vorne zu blicken.

Am 14. und 15. Juli war Handeln das einzige Gebot der Stunde. Deshalb tut Erinnerung Not, auch um auf offene Fragen eingehen zu können. Unsere Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf umfassende, transparente Information.

Vor der heutigen Sondersitzung des Rates der Stadt Erftstadt hat mir die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen umfassenden, vierseitigen Fragenkatalog zur Hochwasserkatastrophe zukommen lassen. Die Fragen, die in der Zuständigkeit der Stadt Erftstadt liegen, werde ich im Zusammenhang meiner Rückschau und meines Ausblicks gleich zu Beginn unserer heutigen Sitzung beantworten.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, allen Bürgerinnen und Bürgern mein tiefstes Bedauern und meine herzliche Anteilnahme und Verbundenheit über den Verlust ihres Hab und Gutes und der sie seither begleitenden Sorgen auszusprechen. Die materiellen und finanziellen Schäden sind enorm und außerordentlich belastend. Das gilt noch mehr für die Schreckensbilder der Zerstörung und Verwüstung, die sich in unseren Köpfen und Seelen eingebrannt haben. Diese Hochwasserkatstrophe hat Wunden des Leides, des Verlustes, der Angst und der Zweifel hinterlassen. Es wird lange Zeit brauchen, bis diese heilen. Narben aber werden bleiben.

Gleichzeitig bin ich zutiefst beeindruckt und berührt, mit welcher Zuversicht und Kraft die Menschen sich an den Wiederaufbau ihrer Zukunft machen.Es ist mir ebenso wichtig, allen Rettungskräften, die von Anfang an unermüdlich im Einsatz sind, um Menschen zu retten und ihnen zu helfen, ganz persönlich und herzlich zu danken. Auch die überwältigende Hilfsbereitschaft freiwilliger Helfenden, die uns allen in dieser schweren Zeit beistehen und anpacken oder mit Spenden ihr Zeichen der Wertschätzung und Solidarität ausdrücken, gebührt unsere höchste Anerkennung und unser höchster Dank.

Die zurückliegenden Wochen haben uns alle belastet und betroffen gemacht. Wenn wir aus dieser Katastrophe für die Zukunft lernen wollen, um besser werden zu können, dann ist ein Rückblick auf die Ereignisse und deren Folgen mehr als angemessen und angebracht. Die Sinnlosigkeit der Zerstörung muss uns ein Alarmsignal sein. Denn renommierte Klimaforscher prognostizieren als Folge des Klimawandels vermehrte Extremwetterlagen. Darauf müssen wir uns vorbereiten.

Die Hochwasserkatastrophe – die Ereignisse am 14. und 15. Juli 2021

Der Erftverband hatte am 14.07. um 13:27 Uhr den Medien im Rhein-Erft-Kreis mitgeteilt, dass ein hundertjährliches Hochwasser bevorstehe. Diese Information wurde auch durch Radio Erft kommuniziert. Jedoch lag die vom Erftverband an Radio Erft vermittelte Information der Stadt Erftstadt nicht vor.

Ergänzend zu den amtlichen Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes erhielt die Feuerwehr der Stadt Erftstadt am 14.07.21 über die Kreisleitstelle des Rhein-Erft-Kreises um 14:56 Uhr eine Meldung „Unwetterlage – Extrem ergiebiger Dauerregen.“ Dabei wurde empfohlen, die Besetzung der Kommunalen Koordinierungsstelle, damit auch in der Feuerwehr Erftstadt, zu planen.

Der beigefügte Warnlagebericht für Nordrhein-Westfalen, ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst am Mittwoch, 14.07.21, 14:28 Uhr, enthielt eine generelle Ankündigung eines Starkregens sowie von Unwettern durch schwere Gewitter für Nordrhein-Westfalen.

Die Feuerwehr Erftstadt hat gemäß ihrer Einsatzplanung die Kommunale Koordinierungsstelle um 16:20 Uhr personell besetzt. Zudem wurden die ersten Einheiten der Feuerwehr Erftstadt über Funkmeldeempfänger alarmiert und eine erweiterte rückwärtige Führungsorganisation vorbereitet. Entsprechend des Alarmplanes wurden die erforderlichen Maßnahmen getroffen.

Um 17:55 Uhr erfolgte wegen der bereits eingetretenen verstärkten Einsatzlage und wegen der sich durch den Starkregen verursachten bereits abzeichnenden Rückstauungen im Kanalsystem zusätzlich die Alarmierung des städtischen Stabes für außergewöhnliche Ereignisse (SAE), der um 18:30 Uhr am selben Tag erstmalig zusammentraf.

Die Einsatzleitung der Feuerwehr hat frühzeitig die Bildung eines Einsatzabschnittes Blessem sowie eine Kontaktaufnahme zu den erreichbaren Verantwortlichen des Marienhospitals Frauenthal veranlasst, da eine besondere Betroffenheit nicht ausgeschlossen werden konnte.

Am 14.07.21 um 19:26 Uhr hat die Feuerwehr Erftstadt über die Kreisleitstelle einen stadtweiten Sirenenalarm auslösen lassen, um alle verfügbaren Feuerwehreinsatzkräfte zu alarmieren, so dass die planerischen Vorkehrungen durch einen Gesamtalarm der Feuerwehr ergänzt wurden.

Das sehr hohe Aufkommen von Notrufen in der Kreisleitstelle gegen 20:15 Uhr hat die Entscheidungstragenden veranlasst, eine konkretisierende Gefahreninformation zu „Extrem heftigen Starkregen“ per Modularem Warnsystem für den Rhein-Erft-Kreis mit allgemeinen Informationen zur Unwetterlage herauszugeben.

Der Text der Warnung lautete:

„Im gesamten Rhein-Erft-Kreis kommt es aufgrund des Unwetter- und Starkregenereignisses zu einem massiv erhöhten Notruf- und Einsatzaufkommen. Alle Feuerwehren des Rhein-Erft-Kreises sind im Einsatz. Sollten Sie einen Notruf absetzen müssen, bleiben Sie in der Warteschleife. Alle Gespräche werden angenommen – legen Sie nicht auf! Sehen Sie bitte von Nachfragen zu Unwettereinsätzen ab, da hierdurch der Notruf für Notfalleinsätze blockiert wird. Es besteht keine Unterversorgung im Rettungsdienst. Bleiben Sie möglichst zuhause.“

Das Modulare Warnsystem „MoWaS“ ist ein System des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das für die Warnung und Information der Bevölkerung in Zivilschutzlagen entwickelt wurde.

Die Pegel, die im direkten Zusammenhang mit den Gewässern im Stadtgebiet Erftstadt stehen, konnten im Verlaufe des Mittwochnachmittags durch Einsatzkräfte der Feuerwehr persönlich in Augenschein genommen werden. Zu diesem Zeitpunkt waren noch keine Überflutungen in den Ortschaften außerhalb der sonst üblichen Flächen feststellbar. Im Rahmen der stadtweiten Einsatzmaßnahmen wurden die Pegel wiederkehrend betrachtet.

Gegen 21:00 Uhr wurde am Pegel Arloff auch der Wert für ein HQextrem überschritten. Der Pegel Arloff liegt im Stadtgebiet von Bad Münstereifel im Kreis Euskirchen. Die Feuerwehr Erftstadt war nach Auslösung des stadtweiten Sirenenalarmes mit allen im Rhein-Erft-Kreis zur Verfügung stehenden Einsatzkräften in Erftstadt mit der Abarbeitung der Einsatzlagen aufgrund des Starkregenereignisses befasst. Die akute Einsatzlage im Kreis Euskirchen war der Feuerwehr Erftstadt nicht bekannt. Die Meldewege sind im Warn- und Meldeerlass beschrieben. Die Koordination obliegt den Landkreisen über die Bezirksregierung Köln.

Durch die an Dynamik zunehmende Lageentwicklung im gesamten Stadtgebiet waren bis 21:15 Uhr mehr als 125 Einsatzlagen zu bewältigen. Alle in Erftstadt zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte waren dauerhaft im Einsatz und wurden durch weitere Einsatzkräfte aus dem Rhein-Erft-Kreis unterstützt.

Neben den Unwettereinsätzen mussten noch diverse Brandeinsätze sowie auflaufende Brandmeldeanlagen aus Pflege- und Betreuungseinrichtungen sowie weitere zeitkritische Einsätze durch die Feuerwehr abgearbeitet werden. Beispielsweise die Evakuierung der Flüchtlingsunterkunft Radmacher Straße mit rund 80 Personen. Daneben lag ein besonderer Fokus auf der Sicherung der Kläranlage Köttingen und dem Marienhospital Frauenthal.

Ein Großteil der Einsatzkräfte musste zur Sicherung des Krankenhauses, sowie des Altenpflegezentrums am Krankenhaus zusammengeführt werden, um dort einen Wassereinbruch durch Oberflächenwasser einzudämmen.

Gegen 22:00 Uhr wurden die Planungen für eine Verteilung der Intensivplätze – konkret die Teilevakuierung der medizinisch sensibelsten Patienten - in Abstimmung mit den zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Verantwortlichen des Krankenhauses über die Kreisleitstelle des Rhein-Erft-Kreises aktiv vorgeplant und geprüft.

Im Laufe des Abends wurde zudem eine freigespülte Kerosin-Transportleitung zum Fliegerhorst Nörvenich sowie eine Gastransportleitung, die beide zu bersten drohten, festgestellt und die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen eingeleitet.

Alle verfügbaren Einsatzkräfte der Feuerwehr sowie die Unterstützungseinheiten aus dem Rhein-Erft-Kreis waren dauerhaft im Einsatz. Überörtliche Einheiten, inklusive zwei zusätzliche Wasserförderfahrzüge mit Flutmodulen, waren zur Gefahrenabwehr aus Münster und Emsdetten angefordert.

Während der Nacht ließen die Regenfälle nach, die Pegelstände stagnierten und sanken daraufhin leicht. Das Oberflächenwasser in den Ortslagen floss über die Straßeneinläufe der Kanalisation mit erkennbarer Tendenz ab.

Eine zeitweilig geplante Sperrung der B265 in den frühen Morgenstunden wurde aufgrund des abfließenden Oberflächenwassers in den Mühlengraben und die Kanalisation verworfen.

Durch den teilweisen Ausfall der kompletten Infrastruktur - wie Mobilfunk, Strom, BOS-Funk, Verkehrsinfrastruktur, Telefonie, Internet - wurde eine Lagebewertung fortlaufend und teilweise äußerst massiv erschwert.

Am Folgetag des 15.07 um 4:18 Uhr löste die Feuerwehr Weilerswist einen Großalarm aus und warnte die Bevölkerung auf allen verfügbaren Kanälen vor einer Überflutung von weiten Teilen von Weilerswist. Konkret wurde die Bürgerschaft in Weilerswist aufgefordert, sich in die ersten Etagen der Häuser zu begeben und den Strom abzuschalten.

Hintergrund des Alarms war die Information, dass der Retentionsraum Horchheim gefüllt ist und damit das Wasser der Erft nicht länger aufstauen kann. Die Überflutung des Damms und damit ein möglicher Dammbruch waren zu befürchten.

Die Gemeinde Weilerswist grenzt zwar an das Stadtgebiet Erftstadt an, liegt aber im Kreisgebiet Euskirchen. Die Einsatzleitung der Feuerwehr Erftstadt hatte zu diesem Zeitpunkt keine Meldungen zu den in Weilerswist getroffenen Maßnahmen.

Durch den Ausfall der Infrastruktur konnten die Pegelstände über einen längeren Zeitraum in den Morgenstunden des 15.07. nicht nachvollzogen werden. Alle verfügbaren Einsatzkräfte waren gebunden.

Nach einer eingehenden Meldung eines Mitarbeiters des Erftverbandes am 15.07. 08:10 Uhr bei der Kreisleitstelle des Rhein-Erft-Kreises, dass der Damm des Retentionsbeckens Horchheim zu brechen droht, wurde umgehend die Evakuierung der Ortslagen Blessem, Bliesheim sowie der Objekte Krankenhaus Erftstadt und Altenpflegezentrum Münchweg veranlasst. Für die Ortslagen Gymnich und Dirmerzheim erging eine Vorwarnung für eine eventuelle mögliche Evakuierung.

Dies wurde um 08:50 Uhr über die Kreisleitstelle des Rhein-Erft-Kreises zum Ereignis „Dammbruch“ mittels MoWaS (Warnstufe 1) mitgeteilt. Für die Umsetzung der Evakuierung wurden alle erreichbar verfügbaren Kräfte eingesetzt.

Am Vormittag des 15.07. wurden die Schutzeinrichtungen der Kiesgrube bei Blessem überspült. Große Wassermassen drangen in die Kiesgrube ein. Die Böschungen der Kiesgrube sackten in sich zusammen. Die von Erosion betroffenen Flächen weiteten sich immer mehr aus.

Die Stadt Erftstadt hatte von der Entwicklung in der Kiesgrube am Vormittag und Mittag des 15.07. keine Kenntnis. Das Ausmaß wurde erst im späteren Tagesverlauf nach erfolgter Luftlageerkennung bekannt. Leider erhielten wir auch durch den Betreiber der Kiesgrube keine Informationen.

Auch die Feuerwehr kann nicht feststellen, zu welchem konkreten Zeitpunkt es zu einer Ausbreitung der Erosion gekommen ist. Die Feuerwehr Erftstadt befand sich am Morgen des 15.07. über mehrere Stunden in einer ausgedehnten Aktion, um Menschen zu retten und zur Evakuierung in mehreren Ortsteilen. Dies wurde teilweise mit Hubschraubern, Booten, Baumaschinen und Strömungsrettern durchgeführt. Es galt die zu dem Zeitpunkt größte Gefahr für die Bevölkerung abzuwehren.

Wir haben uns zu diesem Zeitpunkt auf die akute Rettung von Menschen konzentriert. Das hatte absolute Priorität und stand für uns im Vordergrund. Das hat dazu beigetragen, dass wir keine Toten und Schwerverletzten zu beklagen haben.

Gegen 08:50 Uhr am Folgetag, 15.07., wurde wegen des drohenden Dammbruchs Horchheim für die davon betroffenen Teile des Stadtgebietes von Erftstadt die Warnung der höchsten Gefahrenstufe (Warnstufe 1) mit dem Betreff „Dammbruch“ über das Modulare Warn System ausgegeben und eine Evakuierung der betroffenen Ortschaften unmittelbar ausgelöst. Die Vorplanungen zur Evakuierung des Krankenhauses wurden ebenfalls aktiviert.

Durch das Überlaufen des Rückhaltebeckens Niederberg kam es zu Überschwemmungen entlang des Rotbaches in den Ortschaften Niederberg, Friesheim, Ahrem und Lechenich.

Die Verbindungsstraße K44 zwischen Lechenich und Liblar wurde überschwemmt. Die Hauptverkehrsstraße B265 sowie die beiden Bundesautobahnen A1 und A61 wurden ebenfalls überflutet. Die Verkehrsinfrastruktur brach in weiten Teilen zusammen.

Eine Flutkatastrophe dieses Ausmaßes und mit solcher Zerstörungsgewalt konnte von niemand vorhergesehen werden und hat alle Einsatzkräfte über ihre Leistungsfähigkeit hinaus gefordert.

Trotz all dieser widrigen und nicht vorhersehbaren Umstände gelang es, den eingesetzten Einsatzkräften, alle Menschenleben im Stadtgebiet Erftstadt zu retten. Bürgerinnen und Bürger die als vermisst galten, konnten an die Personenauskunftsstelle der Rhein-Erft-Kreis-Polizeistelle gemeldet werden und diese hat die Nachverfolgung übernommen. Glücklicherweise werden keine Personen mehr vermisst.

Durch den sofortigen Austausch mit anderen kreisangehörigen Kommunen und auch Städten wie Köln sowie vielen Institutionen wurden 38 Personen in Hotels kostenfrei untergebracht. Aktuell halten sich dort noch acht Personen auf. Wir stehen im engem Austausch mit diesen, um gemeinsam Lösungen zu finden.

Die Zahl der evakuierten Seniorinnen und Senioren aus dem Münchstift, dem Stadtgarten sowie der AWO Michael Schiffer Weg 9 und dem Hospiz beliefen sich auf 280 Menschen, die zum Teil rückverlegt wurden und noch werden.

Auch dort haben wir eine große Solidarität der Institutionen im Umfeld der Stadt und des Kreises erfahren, Pflegebedürftige wurden spontan und ohne Hürden aufgenommen. Auch diesen fürsorglichen Menschen gilt mein großer Dank.

Grundsätzlich wurde die gesamte unterirdische Infrastruktur in Erftstadt durch das Hochwasser betroffen und teilweise erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Viele kleine Störfälle wurden dabei „quasi nebenher“ erledigt. Gerade der Fachbereich der Rohrnetzabteilung hat hier, wie auch viele andere Kolleginnen und Kollegen, über weit Übernormales an Leistung erbracht.

Neben zahlreichen Verstopfungen von Regeneinläufen, Hausanschlüssen, Hauptkanälen und geborstenen Leitungen, dominieren drei Ereignisse besonders:

Insgesamt waren im Regierungsbezirk Köln ca. 31 Kläranlagen von Überflutung, Rückstau aus Gewässer, Stromausfall und anderes von der Flutkatastrophe betroffen. Die vom Erftverband betriebene Kläranlage in Erftstadt-Köttingen war genauso betroffen und war erst ab dem 31. Juli 2021 wieder betriebsbereit.

Der in der Radmacherstraße verlegte Stauraumkanal ist samt Trennbauwerk abgerutscht und unbrauchbar geworden. Hier musste zeitnah eine Notentsorgung vorbereitet und damit für einen Großteil der Blessemer Bürgerinnen und Bürger eine geordnete Entsorgung des Abwassers sichergestellt werden.

Mit den Arbeiten zur Wiederherstellung des Stauraumkanals wird kurzfristig begonnen.

Hinzu kam, dass durch Stromausfall und Überflutung die Pumpwerke, die gewöhnlich das Abwasser des Ortes zur Kläranlage Köttingen pumpen, vollständig ausgefallen waren. Dank der Unterstützung von West Netz sowie des THW wurden jedoch pragmatische Lösungen gefunden. So stand dem "Wiedereinzug" zumindest die Abwasserbeseitigung nicht entgegen.

In diesem Zusammenhang musste die Wasserversorgung in Blessem wiederaufgebaut werden. In weiten Teilen konnte dies nur durch die Zugabe von Chlor hergestellt werden. Bis dato muss das Abkochgebot aufrechterhalten werden. Ich bin guter Hoffnung, dass diese Maßgabe in den nächsten Tagen aufgehoben werden kann. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises.

Die RWE Power AG bekräftigt für alle anderen Bereiche von Erftstadt, dass die Trinkwassernutzung uneingeschränkt möglich ist. Nach ihren Angaben haben die Auswirkungen der Flut keinen Einfluss auf den Entnahme-Ebenen des Grundwassers in den anderen Stadtteilen.

Ein weiterer großer Schaden war der Zusammenbruch des Mischwassertransportsammlers entlang der A 61. Dieser Sammler ist für die Entwässerung der Ortslagen Dirmerzheim und Gymnich verantwortlich. Der in vier Meter tiefliegende Kanal musste über einen sogenannten Bypass repariert werden. Ein extrem beengtes Baufeld, die Tiefe sowie die parallel verlaufende Lärmschutzwand haben die Arbeiten sehr schwierig gemacht. Zudem war die Wasserhaltung eine besondere Herausforderung. Fast zwei Wochen hat uns das THW hier "Tag und Nacht“ den Rücken freigehalten. Ohne diese Unterstützung wäre die Maßnahme so schnell nicht umgesetzt worden.

Am Ablaufwerk des Hochwasserrückhaltebeckens Niederberg wurden geringfügige Schäden festgestellt. Von der Anlage geht jedoch keine Gefahr für die Standsicherheit aus.

Das Ausmaß der Niederschläge, damit auch der Sturzfluten und des Hochwassers war extrem hoch. In dieser Dimension gab es das bei uns in den letzten Jahrzehnten nicht.

Gerade in Blessem haben uns viele Firmen unkompliziert und kostenlos geholfen. Viele Entscheidungen waren gemeinsam, pragmatisch und am Ziel orientiert zu treffen. Dabei war es besonders hilfreich, dass Firmen uns Priorität eingeräumt haben.

Es ist absehbar, dass noch über einen langen Zeitraum pragmatische und unkomplizierte Verfahren und Lösungen gefunden werden müssen. Dazu werden die jetzt geschaffenen Provisorien noch einige Wochen in Betrieb bleiben und nur sukzessive durch dauerhafte Lösungen ersetzt werden können.

Den Mitarbeitenden des Rathauses wurde im Verlaufe des Donnerstagvormittags in Anbetracht der akuten Hochwassergefahr und aufgrund des kompletten Strom- und Netzausfalles im Rathaus die Möglichkeit des Homeoffice gewährt. Zu diesem Zeitpunkt waren viele Zuwegungen über die Erft und Hauptverkehrsstraßen nicht mehr passierbar, sodass einige Mitarbeitende ihre Arbeitsstätte in Erftstadt nicht mehr erreichen konnten. Unter den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung Erftstadt sind 75 Kolleginnen und Kollegen durch Hochwasserschäden persönlich betroffen und mussten z. T. im Rathaus übernachten. Allen betroffenen Bediensteten habe ich eine Freistellung von 10 Arbeitstagen gegen Fortzahlung der Bezüge gewährt.

Die zu diesem Zeitpunkt für Hilfsmaßnahmen erforderlichen Personen waren selbstverständlich weiterhin vor Ort im Einsatz. Weitere ortsnahe Mitarbeitende waren auf Abruf verfügbar. So wurden beispielsweise die Betreuungen in den Notunterkünften auf beiden Seiten der Erft organisiert. Einzelne Verwaltungskräfte haben sogar im Rathaus übernachtet.

Der Systemausfall der IT hielt bis zum Freitag an und war ausschließlich die Folge des Ausfalls bei den Strom- und Telekommunikationsanbietern. Schon jetzt muss ich darauf hinweisen, dass ein Serverausfall der Stadt, der auch den Sirenenalarm betrifft, nicht anderweitig auffangbar ist.

Bei meinen Besuchen in den betroffenen Ortschaften und in den Sammelunterkünften sowie auch bei den zwei großen Informationsveranstaltungen konnte ich mir stets ein Bild von der katastrophalen Lage in unserem Stadtgebiet machen.

Im Laufe der letzten Wochen fanden drei Sitzungen der Fraktionsvorsitzenden statt, in denen diese regelmäßig über den aktuellen Sachstand und die notwendigen Handlungsschritte informiert wurden.

Zusätzlich hatten wir bereits in den ersten Tagen für die Fraktionsvorsitzenden und die Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister eine telefonische Erreichbarkeit „twentyfour – seven“ eingerichtet, um die Handlungsfähigkeit der Akteure vor Ort tatkräftig in Rückkopplung zur Verwaltung zu unterstützen.

Mit den Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeistern fanden zwei Dienstbesprechungen statt. Mit den Vereinsvorsitzenden der betroffenen Ortsteile wurde am vergangenen Samstag ein intensiver Austausch angeboten.

Durch alle medialen Kanäle, ob Internet, Social Media, eine sieben-Tage zugängliche telefonische Hotline oder über Flugblätter und Infopoints sowie auch durch aufsuchende Teams, haben wir in den betroffenen Ortslagen versucht, dem verständlichen und berechtigtem Bedürfnis nach Information zu entsprechen.

Bereits in den ersten Tagen wurde von Seiten der Stadt in Zusammenarbeit mit dem Rhein-Erft-Kreis die Internethelferbörse www.helft-erftstadt.de eingerichtet. Sie bringt Hilfesuchende und Hilfsanbietende „Ein zu Eins“ über die Plattform zusammen.

Zu der von uns kurzfristig eingerichteten Wohnungsvermittlung kann ich Ihnen Folgendes berichten:

Bisher konnte noch nicht allen Parteien ein Angebot gemacht werden, da die Wünsche zum Teil sehr spezifisch und individuell sind. Insgesamt haben wir ca. Anfragen aus 100 Hauhalten bearbeitet, davon konnten 65% vermittelt werden.

Zurzeit sind noch ca. 17 Personen auf der Suche nach einer dauerhaften Bleibe.

Bergheim ist für die Betroffenen in der Regel zu weit von Erftstadt entfernt, ebenso wie Köln oder Düren. Für die Wohnungssuchenden versuchen wir im direkten Gespräch noch andere Möglichkeiten zu finden.

Die aus der Gemeinschaftsunterkunft Radmacherstr. 50 /Flüchtlingsbereich und aus einigen angemieteten Wohnungen im Stadtgebiet evakuierten Personen wurden in zwei Unterkünften der Stadt Köln untergebracht. Insgesamt waren es 90 Bewohner_innen. Mittlerweile konnten viele Bewohner_innen nach Erftstadt zurückkehren. Aktuell sind in Köln noch 34 Personen, überwiegend alleinstehende, untergebracht. Alle Familie sind nach Erftstadt zurückgekehrt, so dass die Kinder ihre gewohnten Kindertagesstätten und Schulen besuchen können.

Das Sozialamt überweist der Stadt Köln die Kosten der Unterkunft für die untergebrachten Bewohner_innen. Die Evakuierten erhalten von der Leistungsabteilung weiterhin ihre Sozialhilfe und können sich damit selbst versorgen. Die zukünftige Unterbringung der in Köln verbleibenden Personen ist noch nicht geklärt. Wir tun innerhalb der Verwaltung alles, um eine zeitnahe Unterbringung auch für diese Menschen im Stadtgebiet zu erreichen.

Die Zukunft der Gemeinschaftsunterkunft Radmacherstr. 50 wird zurzeit noch vom Eigenbetrieb Immobilienwirtschaft geprüft, wobei diese den Neubau der Anlage als mögliche Option sieht. Ziel sollte es sein, dass wir bei der Unterbringung der zugewiesenen Personen in Erftstadt weg von den Wohncontainer hin zum Systembau mit abgeschlossenen Wohnungen mit eigener Küche und WC kommen. Hierzu können auch entsprechende Fördergelder akquiriert werden. Eine Entscheidung der Verwaltungsleitung in Abstimmung mit dem Rat ist dafür erforderlich.

Wichtig war und ist uns die Gesundheit der Menschen. Trotz der brisanten Lage, konnten die Corona-Neuinfektionen niedrig gehalten werden. Durch Angebote in den Stadtteilen, wie Impfungen und Testungen sowie Ausgabe von Schutzmaterialien, ist der Schutz der Bevölkerung in diesem Zusammenhang zu sehen. Auch Tetanus und Hepatitis A sind bei den Impfangeboten mitberücksichtigt.

Zur Gesundheitsvorsorge gehört ebenfalls der zügige Abtransport der Müllberge. Bis der „Abfallberg“ der Mülldeponien abgearbeitet ist und das Entsorgungsmanagement wieder zur Normalität zurückkehren kann, werden Monate vergehen. Unsere Bemühungen, einen kontrollierten Ablauf und die regelmäßige Abholung des Mülls sicherzustellen sind nach aktueller Einschätzung erfolgreich.

Zum Kontext der Gesundheitsvorsorge gehört auch, das alle Erftstädter Schulen zum Beginn des neuen Schuljahres genutzt werden konnten. Einschränkungen bestehen im Schulzentrum Lechenich (Realschule und Gymnasium), da dort Klassenzimmer im Kellerbereich vorhanden sind und diese unter Wasser standen.

Es wird versucht, diesen Ausfall an Klassenräumen zu kompensieren. Nach dem Schulstart werden wir uns auch einen ersten Überblick über jene Kinder machen können, die zurzeit in anderen Kommunen untergebracht sind und dort ein besonders verständliches Augenmerk auf die Zugänglichkeit zu ihrer Schule legen.

Die ganze Zeit hat uns die Kreispolizei mit einem Großaufgebot im Rahmen von Verkehrsführung, Sicherung von Ortslagen und Gebäuden sowie in anderen Klagen unterstützt.

Die Verbesserung der örtlichen Lage zeigt, dass das Amtshilfeersuchen nicht verlängert werden musste und zum 20.08. eingestellt werden konnte. Durch die Präsenz des Streifendienstes wird speziell in Blessem der Schutz der nach wie vor nicht dauerhaft bewohnten Häuser vor Plünderungen und Einbrüchen aufrechterhalten. Wie schwierig die Lage im Stadtteil Blessem für das ordnungsrechtliche System und das Sicherungssystem der Stadt war, sieht man an der Vielzahl der notwendigen Teilschritte, regelmäßig die Zugänglichkeiten zu Bauwerken neu zu bewerten und mit Allgemeinverfügungen zu begründen.

Die Sorgen und Nöte der Betroffenen, die Rückmeldungen der Unterstützenden vor Ort und meine eigenen Eindrücke ergeben für mich ein Bild, das ich nie wieder vergessen werde und das mich für die Zukunft geprägt hat. Ich nehme vor allem die dramatischen Erzählungen der Bürgerinnen und Bürger mit, die vielfach unter Lebensangst gerettet werden mussten. Ein absolut traumatisierendes Geschehen.

Ergänzend zu diesen Darstellungen wird die Stadt Erftstadt ein eigenes Gutachten in Auftrag geben, das die Geschehnisse unter Berücksichtigung der bekannten Datenlage beschreibt.

Zuständigkeiten im Rahmen des Katastrophenfalles

Immer wieder werden Fragen in der Öffentlichkeit nach den Zuständigkeiten und den Verantwortungsbereichen gestellt. Deshalb erlauben Sie mir hierzu ein paar Anmerkungen:

Katastrophenfall

Zur Ausrufung des Katastrophenfalles ist der Rhein-Erft-Kreis die zuständige Behörde, die nach Ausrufung des Katastrophenfalles die Einsatzlage gesteuert hat.

Erft

Der Erftverband als Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist ein Umlageverband, der alles in Bezug auf die Sicherung und Begleitung von Maßnahmen in Bezug auf die Erft für uns übernimmt.

Hochwassermeldedienst Der Hochwassermeldedienst liegt in NRW in der Zuständigkeit der Bezirksregierungen. Der Hochwassermeldedienst dient der Warnung vor Hochwasser und Hochwassergefahren auf Basis des vom LANUV bereitgestellten hydrologischen Lageberichts und den Abflussdaten an den hochwasserrelevanten Pegeln. Die Adressaten des Hochwassermeldewesens sind in der Regel die Kommunen, die Leitstellen für den Brandschutz, die Hilfeleistung, den Katastrophenschutz und den Rettungsdienst, teilweise auch das Technische Hilfswerk (THW), sowie betroffene Betriebe und Privatpersonen.

Die Kommunikation der Bezirksregierungen mit den Adressaten erfolgt im operativen Fall per Telefax, per E-Mail und / oder per Telefon. Einzelheiten des Hochwassermeldedienstes werden in den jeweiligen Hochwassermeldeordnungen der Gewässer, für die ein Hochwassermeldedienst betrieben wird, geregelt. Diese Informationskette hat den Bereich Erftstadt leider nicht erreicht.

Genehmigung der Kiesgrube

Die Bezirksregierung Arnsberg ist hierfür die Genehmigungsbehörde. Der Austausch zu dieser Behörde ist leider sehr schleppend oder, auf den Punkt gebracht, nicht gegeben. Ich habe deshalb letzte Woche nochmals durch ein Schreiben daran erinnert, dass eine Informationsweitergabe durch diese Behörde zeitnah erforderlich ist, um unserer Bürgerschaft vor allem in Blessem konkrete und belastbare Informationen zur Zukunft der Kiesgrube geben zu können.

Die Kiesgrube, und ich betone es bewusst und in aller Deutlichkeit an dieser Stelle, ist zu einem warnenden Beispiel der Hochwasserkatastrophe für die Bürgerschaft geworden. Die Kiesgrube wird immer auch das schmerzliche Synonym für Zerstörung, Verwüstung, Überflutung und Verlust von Hab und Gut bleiben. Insofern habe ich großes Verständnis dafür, dass der weitere Betrieb für viele unerträglich sein wird. Die Verantwortlichen sollten das bei ihren Überlegungen nachhaltig berücksichtigen.

Schäden an Wohnungstüren

Die Gesetzesgrundlage für das Öffnen der Haus- und Wohnungstüren für die Feuerwehr begründet sich aus dem Gesetz für Brandschutz, Hilfeleistung und Katastrophenschutz NRW (BHKG NRW). Das Öffnen von Türen war notwendig, weil es unklare und immer wieder widersprüchliche Vermisstenzahlen gab. Auch wurde festgestellt, dass Menschen sich trotz der gesperrten Ortslage Zutritt verschafften und letztlich der Verbleib von Personen nicht geklärt werden konnte. Die Entscheidung, die Häuser zu öffnen, zu betreten und nach möglichen Vermissten zu suchen wurde durch den Einsatzleiter des Kreises in Abstimmung mit dem örtlichen Einsatzleiter für den Bereich Erftstadt getroffen.

Die Geschädigten müssen sich an ihre Gebäudeversicherer wenden. Wenn diese nicht leisten, sollen sich die Geschädigten mit dem ablehnenden Bescheid und der Darstellung des Schadenausmaßes an die Stadt Erftstadt, Rechts- und Ordnungsamt, Versicherungsabteilung wenden. Diese sammelt alle Meldungen und klärt derzeit mit dem städtischen Versicherer, ob eine Regulierung subsidiär in Betracht kommt. Je nach Ausgang werden wir dann die Schäden zusammenfassen und entweder eine Entscheidung der Verwaltungsspitze oder der Politik zur Regulierung einholen. Den Betroffenen wurde zugesagt, eine Lösung zu finden.

Strom

Für die Stromversorgung ist im Stadtgebiet Erftstadt der Anbieter Westnetz verantwortlich.

Trinkwasser

Die Trinkwasserversorgung wird durch das Wasserwerk Dirmerzheim, welches durch RWE Power AG betrieben wird, sichergestellt

Müllentsorgung

Konkret hat die Landesregierung NRW den betroffenen Kommunen eine Übernahme der Abfallentsorgungskosten (inkl. Bauschutt) durch den geplanten Wiederaufbaufonds zugesagt. Somit können Kommunen Aufträge an Unternehmen zur Entsorgung des Abfalls vergeben, die anfallenden Kosten im Rahmen des Wiederaufbaus werden übernommen.

Bodenproben

Durch die Hochwasserkatastrophe ist es großflächig zu einer Ablagerung von Schlämmen auf Böden gekommen. Zur Beurteilung, ob und in welchem Ausmaß Gefahren von verunreinigtem Boden ausgehen, ist zunächst die Schadstoffsituation der Böden zu klären. Ich habe entsprechende Bodenproben auf allen Kinderspielplätzen, Kindertagesstätten und Schulen veranlasst. Die Untersuchungen der Böden werden durch den Rhein-Erft-Kreis gesteuert. Der Kreis berichtete in seiner gestrigen Pressemitteilung, dass eine Gefährdung des Grundwassers und eine zusätzliche Bodenbelastungen ausgeschlossen werden können.

Schäden an städtischen Gebäuden

Es zeigt sich eine immense Schadenshöhe von ca. 115 Millionen Euro allein an städtischer Infrastruktur. Die Schäden im privaten Bereich sind dabei nicht eingerechnet.

  • Unter die Infrastrukturschäden der Stadt Erftstadt fallen u. a.:
  • 8 Grund- und weiterführende Schulen mit leichten bis schweren Schäden Erich Käster Grundschule Bliesheim, Donatusgrundschule Liblar, Grundschule Gymnich, Janusz-Korczak Grundschule Erp, Theodor Heuss Hauptschule, Gottfried Kinkel Realschule Libar, Schulzentrum Lechenich, Ville Gymnasium Liblar
  • 4 Turn-Sporthallen mit leichten bis schweren Schäden Turnhalle Bliesheim, Dreifachhalle Liblar, Turnhalle an der Donatusgrundschule, Trunhalle in der Gottfried-Kinkel Realschule Liblar
  • 1 Jugendzentrum in Köttingen und 1 Jugendtreff in Bliesheim mit schweren Schäden
  • 5 Kindertageseinrichtungen mit leichten bis mittelschweren Schäden Familienzentrum Willy-Brandt-Straße in Liblar, Kükennest Bliesheim, Auenland Blessem und Borr
  • 2 Dorfgemeinschaftshäuser mit leichten bis schweren Schäden Altes Gasthaus und AWO in Friesheim, Niederberg
  • Bürgerbüro und Musikschule mit leichten Schäden
  • 1 Kulturgebäude mit mittelschweren Schäden Gymnicher Mühle
  • 14 Asyl-, Übergangs- und Obdachlosenunterkünfte mit leichten bis schweren Schäden Radmacherstraße Blessem, Hochstraße Erp, Barbarastraße Liblar, Frankenstraße Bliesheim, Marienstraße Bliesheim, Gennerstraße Ahrem, Luxemburgerstraße Erp, Am Vogelsang Liblar, Kiesstraße Dirmerzheim, Oststraße Kierdorf, Lechenich, Friesheim
  • 1 Friedhofsgebäude in Liblar mit schweren Schäden
  • 5 Feuerwehrgerätehäuser Blessem, Bliesheim, Friesheim, Liblar, Dirmerzheim
  • Hauptwache in Liblar
  • Rathaus in Liblar
  • 14 vermietete Wohngebäude von leichten bis schweren Schäden Liblar, Kierdorf, Bliesheim, Gymnich, Erp, Köttingen, Dirmerzheim + Marienhospital Erftstadt-Frauenthal

Die Stadt Erftstadt hat keine Elementarschädenversicherung.

Verkehr

Zum Schienenersatzverkehr gibt es ein Informationsschreiben der DB, in der die Fahrpläne einzusehen sind (https://www.radioerft.de/artikel/rhein-erft-erste-bahnstrecken-frei-bus-nach-erftstadt-1030538.html)

Am 6. September um 4 Uhr, werden auf der Eifelstrecke wieder Züge von Köln über Erftstadt bis nach Euskirchen fahren können. Dies betrifft die Linien RE 12 und 22 sowie die RB 24.

Bei der Teilstrecke Euskirchen – Ehrang sind umfangreiche Erneuerungsarbeiten erforderlich, da die Flut die Infrastruktur komplett zerstört hat. Sie werden erst deutlich nach 2021 wieder für den Bahnverkehr zur Verfügung stehen. Für konkrete Prognosen bedarf es weiterer Bestandsaufnahmen und detaillierte Planungen für Reparaturen bzw. den Neubau der Infrastruktur. Auf der Schnellbuslinie 92 Brühl - Erftstadt - Kerpen - Bergheim wurden zusätzliche Busse eingesetzt, da die Autobahn derzeit nicht befahrbar ist.

Das Pilotprojekt „On Demand“ steht in den Startlöchern. Es soll Anfang 2022 an den Start gehen. Es fehlt für das Konzept jedoch noch der politische Beschluss. Dieser sollte in der nächsten Sitzung vorgestellt werden.

Car Sharing – Die Stadt ist im Gespräch mit dem Anbieter Cambio und geht davon aus, dass Ende September/Anfang Oktober Fahrzeuge in Lechenich und Liblar zur Verfügung stehen werden.

BikeSharing liegt derzeit beim Rhein-Erft-Kreis und ist aktuell nicht verfügbar.

Finanzielle Hilfe und Spendenkonzept

Bisher wurden an die Stadt Erftstadt 6 Millionen Euro gemäß Runderlass des Kommunalministeriums NRW vom 22.07.2021 an den Rhein-Erft-Kreis zugewiesen. Im Einvernehmen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Kreises steht die Summe der Stadt Erftstadt in voller Höhe zur Verfügung. Weiterhin wurden der Stadt Erftstadt vom Rhein-Erft-Kreis weitere 6 Millionen Euro zusätzlich in Aussicht gestellt, aber vom Kreistag noch zu beschließen.

In der Zeit vom 16.07. bis 20.07.21 wurden an Privathaushalte als "Handgeld" und freiwillige Leistung der Stadt Erftstadt insgesamt 787.000 Euro, das sind 200 Euro pro Person, ausgezahlt.

Bis zum heutigen Tag wurden bereits 2.753 Soforthilfeanträge eingereicht und gemäß "Billigkeitsrichtlinie Unwetterkatastrophe vom 14./15. Juli 2021", (Runderlass des Innenministeriums NRW vom 22.07.2021) insgesamt 5.400.500 Euro zur Auszahlung freigegeben.

Die Hilfen an Unternehmen, Gewerbetreibende und freiberuflich sowie selbständig Tätige werden über Anträge Soforthilfe gemäß "Billigkeitsrichtlinie Unwetterkatastrophe vom 14./15. Juli 2021", Runderlass des Innenministeriums NRW vom 22.07.2021 gewährt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind 217 Anträge mit einer Fördersumme von rund 945.000 Euro ausgezahlt worden.

Die Stadt konnte den Geschädigten auch „Hochwasserbescheinigungen“ ausstellen, welche sie als Betroffene der Hochwasserkatstrophe ausweisen.

Weiterhin übernimmt die Stadt Erftstadt die Bauschutt-Entsorgungskosten von nicht elementarversicherten Haushalten. Die Ausschüttung der an die Stadt Erftstadt gespendeten Gelder, aktuell rund 6,7 Million Euro, werden mit der heutigen Ratsvorlage 24.08.2021 entschieden.

Der vorliegende Entwurf zum Spendenkonzept enthält folgende Rahmenpunkte: Die Spendengelder sollen zur Milderung der materiellen Schäden der am stärksten betroffenen Geschädigten eingesetzt werden und eine erste Hilfe zur Selbsthilfe sein. Ein voller oder auch nur annähernder finanzieller Ausgleich des erlittenen Schadens ist hierdurch nicht möglich. Die Spendengelder werden nachrangig zu privaten und staatlichen Leistungen zur Verfügung gestellt. Ein Antrag kann pro Haushalt eingereicht werden und soll für Schäden an Hausrat sowie Wohngebäuden oder Wohnraum zugutekommen.

Als Bemessungsgrundlage für die Ausschüttung der Spendengelder wird die Schadenshöhe des privaten Haushaltes des jeweiligen Spendenantragstellers herangezogen. Sofern die Schadenshöhe dieses einzelnen Privathaushaltes 50.000,00 Euro übersteigt, wird die Bemessungsgrundlage auf 50.000,00 Euro begrenzt. Der an den Privathaushalt auszuzahlende Betrag wird auf 10 Prozent der Bemessungsgrundlage begrenzt. Bei Totalschaden an Haus und Hausrat liegt die Grenze bei 20 Prozent.

In Härtefällen kann die Nothilfekommission gesonderte Wertgrenzen festlegen. Alles Weitere entnehmen Sie bitte der Vorlage 508/2021 zur Richtlinie sowie aus den Informationen, die als Pressemitteilung nach dieser Sitzung und zum Beschluss des Rates herausgegeben werden.

Eine noch so umfassende Richtlinie kann nicht alle Fallkonstellationen abdecken. Deshalb war es mir ein besonderes Anliegen, für solche sog. Härtefälle eine überparteiliche und unabhängige Ombudsperson zu gewinnen. Peter Kamp, langjähriger Richter und selbständiger Rechtanwalt ehemaliger Richter und Präsident des Oberlandegericht Köln für diese wichtige Aufgabe gewinnen. Er wird uns mit seiner langjährigen juristischen Expertise und seiner Vermittlungserfahrung als Richter beraten und bleiten. Deshalb schlage ich vor, dass Herr Kamp sich selbst kurz vorstellt und seine Überlegungen skizziert.

Ausblick- Maßnahmenkatalog /Aufgaben Hochwasserschutz

Die extrem heftigen Auswirkungen, die durch die Flutkatastrophe auf die Bürgerinnen und Bürger und auf die Stadt zugekommen sind, können einem Tsunami gleichgesetzt werden. Der bisherige Hochwasserschutz muss weiterentwickelt werden. Sowohl in der technischen also baulichen Perspektive als auch im Bereich eines breiter aufgebauten und optimierten Frühwarnsystems. In diesem Zusammenhang sind wir bestrebt, der Bevölkerung in Erftstadt eine frühere Warnmöglichkeit zur Verfügung stellen zu können. Eine genaue Analyse und Bewertung sowie die daraus abzuleitenden Konsequenzen der Lage wird vorgenommen. Das bereits in der Ausarbeitung mit dem zuständigen Fachamt und auch dem Erftverband zu erarbeitende Freiraumkonzept wird ebenfalls einer notwendigen Neubewertung zu unterziehen sein. Unter anderem wird sich auch der zuständige Ausschuss damit befassen müssen.

Laut dem zuständigen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen: “… werden derzeit im Bereich des Hochwasserinformationsdienstes, Hochwasservorhersagesysteme aufgebaut. Das Ziel ist dabei, angesichts des Klimawandels, die bestehenden Hochwasserwarnungen zukünftig weiter zu verbessern. Mit ihrer Hilfe wird es in Zukunft möglich sein, Wasserstände in den Gewässern auf Basis von Wettervorhersagen präziser und früher als bislang zu prognostizieren, um so detaillierter vor Hochwassergefahren warnen zu können.

Im Bereich des Hochwassermeldedienstes ist geplant, dass zukünftig an allen hochwasserrelevanten Gewässern an Stelle der bestehenden Meldeordnungen eine neue und einheitliche Hochwassermeldeordnung aufgestellt wird und somit der Hochwassermeldedienst flächendeckend im Land gewährleistet werden kann. Eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer einheitlichen Hochwassermeldeordnung ist im Landeswassergesetz bereits vorgesehen.“ (Quelle: Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Sondersitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landtags Nordrhein-Westfalen am 9. August 2021, Schriftlicher Bericht, Hochwasserereignisse Mitte Juli 2021)

Nach Aussage des Ministeriums ist davon auszugehen, dass die in den letzten Jahren beobachteten langanhaltenden Wetterlagen, sowohl Trockenphasen als auch langanhaltende Phasen mit viel Niederschlag, zunehmen könnten. Deshalb müssen die Anforderungen an die Talsperrensteuerung neu definiert und umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der damit verbundenen Sorge vor Ereignissen mit höheren Intensitäten und einer möglicherweise höheren Eintrittswahrscheinlichkeit muss laut Aussage des Ministeriums die Gefahr vor Hochwasser stärker im Bewusstsein der Bevölkerung verankert werden. Gleichzeitig muss vermittelt werden, dass es einen hundertprozentigen Schutz vor Hochwasser auch zukünftig nicht geben kann. Das Ministerium verweist darauf, die bestehenden Informationsangebote des Landes, wie die vorliegenden Hochwasserrisiko- und Hochwassergefahrenkarten, verstärkt zu nutzen. Infoblätter beispielsweise zum Verhalten während eines Hochwassers, Hochwasserschutzübungen für die Bevölkerung und die Behörden stellen weitere geeignete Maßnahmen dar. Ziel der Risikovorsorge ist es außerdem, dass Kommunen landesweit Starkregengefahrenkarten und dementsprechende Konzepte, die durch das Land NRW zu 50% gefördert werden, erstellen.

Im Bericht des Ministeriums werden Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserrückhaltes und zur Verringerung des Hochwasserrisikos dargestellt. Im Detail muss dies durch verschiedene Einzelmaßnahmen, wie die Aufforstung im Einzugsgebiet, die Aufweitung und Renaturierung von Gewässern oder die Rückverlegung von Deichen, sichergestellt werden. Eine verstärkte Durchführung solcher Maßnahmen muss im Einzelfall geprüft werden. Neben den technischen Hochwasserschutzmaßnahmen, wie beispielsweise Deichen, die vor Hochwasserereignissen bereits geschützt sind, muss auch der Schutz vor Hochwasser an kleineren Gewässern geprüft und optimiert werden. Dabei stellt die Raum- und Bauleitplanung, aber auch die Bauvorsorge durch hochwasserangepasste Bauweisen, eine Lenkungsstelle dar. Im Zuge des Wiederaufbaus und der Beseitigung der Hochwasserschäden wird von Seiten des Ministeriums mit den betroffenen Kommunen geprüft, ob zerstörte Strukturen, die dem abgelaufenen Hochwasserereignis nicht standhalten konnten, an Ort und Stelle oder an anderer, sichererer Stelle wiederaufgebaut werden.

Wiederaufbau/Personal

Unmittelbar nach der Hochwasserkatastrophe war die Hilfsbereitschaft unter den Kommunen groß. Die Angebote reichten von der Bereitstellung von Personal bis hin zu spezifischen Materialien und Geräten. Der Wiederaufbau unserer Stadt wird uns noch Jahre beschäftigen. Daher habe ich beim Land um personelle Unterstützung gebeten.

Für die Bearbeitung der Schäden werden eine Vielzahl an Fachkräften im technischen und nichttechnischen Dienst der Stadtverwaltung benötigt. Wir brauchen eine Projektsteuerung, um die Vielzahl der beteiligten Akteure zu koordinieren und die Sanierung der Gebäude und Infrastruktur zu priorisieren. Nur so kann auch ein adäquates Monitoring und eine kontinuierliche Berichterstattung an den Rat sichergestellt werden.

Für die Bearbeitung der Soforthilfeanträge hatte uns der Landkreis ein Team mit 5 Personen zur Verfügung gestellt. Eine weitere personelle Unterstützung für die Bearbeitung der Spendengeldanträge wurde auf Nachfrage leider verneint. Mein Amtshilfeersuchen an die Nachbarkommunen bliebt ebenfalls ohne Erfolg.

Durch Beteiligung des Jobcenters und mithilfe einer Arbeitnehmerüberlassung ist es gelungen, kurzfristig und für die Dauer der Spendengeldauszahlung, ein Team in Erftstadt zusammen zu bringen. Die dauerhafte Rekrutierung von Personal wird eine zusätzliche Herausforderung für die Stadtverwaltung Erftstadt sein.

Mir ist es zum Ende meiner Ausführungen ein ganz besonderes Anliegen, allen, die uns in dieser extrem schweren, belastenden Zeit zur Seite standen und stehen, nochmals von ganzem Herzen zu danken. Das gilt für die Rettungs- und Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks, des Deutschen Roten Kreuzes, für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, den Polizistinnen und Polizisten.

Mein besonderer Dank gilt auch den ehrenamtlichen Koordinatorinnen und Koordinatoren, die über Initativen, wie „Unwetterhilfe Erftstadt“ am ehemaligen RKG-Gebäudes in Lechenich und über die „Koordinierungsstelle für freiwillige Helfende in Blessem“ den Großteil aller Hilfsangebote den Bedürftigen schnell und versiert zugeteilt haben. Seit dem 16.08.21 unterstützen die Johanniter die Arbeit der ehrenamtlichen Helfenden vor Ort.

Mein Dank gilt den vielen freiwilligen Helfenden, allen Unternehmen, den Spenderinnen und Spendern. Das gilt in gleichem Maße für die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, für die Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeistern und für Sie, meine Damen und Herren des Rates. Sie alle haben unseren höchsten Respekt, unsere höchste Achtung und Anerkennung mehr als verdient.

Ich danke auch den Bürgerinnen und Bürgern, die in großer Solidarität sich gegenseitig unterstützt haben, füreinander da waren und sich Trost in schwerer Zeit gaben. Es hat gezeigt: Wir halten zusammen. Das sollten wir uns in Zukunft bewahren.

Wir sollten bei einem Dank- und Bürgerfest im Herbst des Jahres dieses großartige Miteinander, diese damit zum Ausdruck kommende Wertschätzung und Verbundenheit würdigen. Dazu lade ich schon heute ein.

Die Kraft und Zuversicht, wie sich die Menschen unserer Stadt dem Wiederaufbau widmen, ist beeindruckend, macht Mut und gibt Kraft. So werden wir gemeinsam, Schritt für Schritt, wieder zu einer neuen Normalität zurückkehren können und Erftstadt wieder aufblühen lassen. Wir werden weiterhin im täglichen Austausch mit dem geologischen Dienst des Landes NRW und den Behörden stehen. Der Wiederaufbau in unserer Stadt und die Neugestaltung der Ortsrandlage Blessem haben für uns Priorität.

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