Laschet mahnt zur Eile beim umstrittenen Epidemie-Gesetz – Corona-Update 01.04.20

Die NRW-Landesregierung hat das umstrittene Epidemie-Gesetz in den Landtag eingebracht. Ursprünglich sollte es auch schon direkt beschlossen werden. Nach massivem Widerstand aus der Opposition und von Rechtswissenschaftlern wurde dieser Plan aber wieder verworfen.

© Land NRW / Mark Hermenau

Die Landesregierung wolle das Gesetz nicht mit der hauchdünnen Mehrheit von schwarz-gelb durchkämpfen, sagte Ministerpräsident Laschet in seiner Regierungserklärung. Es komme jetzt auf einen breiten Konsens im Parlament an. Deswegen sollen die Bedenken der Opposition und von Experten mit einbezogen werden. SPD-Fraktionschef Kutschaty begrüßte das. Für ihn ist der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form verfassungswidrig. Geplant ist unter anderem, dass Ärzte im Notfall zwangsverpflichtet werden können. Und dass Behörden medizinisches Material beschlagnahmen können. Kutschaty stellte klar, dass die Landesregierung bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie natürlich auf die SPD zählen könne. Allerdings dürfe sie nicht am Parlament vorbei regieren. Es gebe derzeit eine schwere Gesundheitskrise, aber keine Krise der Demokratie. Ministerpräsident Laschet mahnte trotzdem zur Eile. Wenn es zum Katastrophenfall komme, müsse die Landesregierung Handlungsmöglichkeiten haben, sagte er. Bis Ostern müsse das Gesetz beschlossen sein.

Massive Kritik an Gesetzentwurf

Sowohl Opposition als auch Rechtswissenschaftler, Ärzte- und Pflegeverbände kritisieren das Gesetzesvorhaben teils massiv. . Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Anja Weber, mahnte etwa: "Das Gesetze der Landesregierung schießt übers Ziel hinaus. Die Demokratie darf nicht

auf der Strecke bleiben."

 Der Ärzteverband Marburger Bund kritisierte: "Notstandsgesetze lösen die tatsächlichen Probleme in den Krankenhäusern nicht." In nie gekanntem Ausmaß fehlten Schutzmaterial, Beatmungsgeräte und vor allem Fachärzte mit intensivmedizinischer Zusatzqualifikation. Das sei nicht in ein paar Wochenendkursen auszubilden, stellte der Landesvorsitzende Michael Krakau fest.

Allen Widrigkeiten zum Trotz arbeiteten Ärztinnen und Ärzte seit Wochen intensiv. "Anstatt Wertschätzung für unseren Einsatz zum Ausdruck zu bringen, das hohe Engagement der Klinikmitarbeiter zu loben und sie zu bitten, weiterhin alles Menschenmögliche zu tun, greifen Politiker gerade auf unsinnige Zwangsinstrumente zurück", kritisierte Krakau. Das Gesetzesvorhaben sei geprägt von einer Misstrauenskultur, die in der derzeitigen Corona-Pandemie völlig unbegründet und kontraproduktiv sei. "Wir brauchen sinnvolle Lösungen, aber nicht solche untauglichen Eingriffe."

 Kritik kam auch vom früheren Präsident des Verfassungsgerichtshofs für Nordrhein-Westfalen, Michael Bertrams. Für "eine solche Beschneidung von Grundrechten, zu denen auch die Freiheit der Berufsausübung gehört, braucht es ein Höchstmaß an inhaltlicher Bestimmtheit der Voraussetzungen, unter denen ein solcher Grundrechtseingriff möglich sein soll", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Daran mangele es dem Entwurf der schwarz-gelben Koalitionsregierung.

Doch erstmal kein Eilverfahren

Eigentlich wollte Laschet sein Epidemie-Gesetz bereits heute im Eilverfahren durch den Landtag bringen, scheiterte aber am Widerstand der drei Oppositionsfraktionen.

Nach zähem Ringen haben sich dann allerdings alle Parteien darauf geeinigt, das Gesetz zunächst nur in den Landtag einzubringen. Am 6. April sollen dann Sachverständige angehört und am 9. April eine Sonder-Plenarsitzung in den Osterferien einberufen werden.

Er wolle auf jeden Fall "einen parteiübergreifenden Konsens in der Corona-Krise", bekräftigte Laschet nach der Einigung. Daher würden Anregungen von SPD und Grünen aufgenommen. Wenn es Korrekturen brauche, dann werde es die auch geben. In dieser Frage wolle die Landesregierung alle mit an Bord haben, weil es eine gesamtgesellschaftliche Frage sei und keine parteipolitische. 

Text mit Material der dpa

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